Die Vegetarierin von Han Kang

Samstag, 27. Mai 2017


Original: "채식주의자 (The Vegetarian)" / 2007, Aufbau Verlag / Argon Hörbuch Verlag*, 190 Seiten, Übersetzer /-in: Ki-Hyang Lee, gebunden, Einzelband, ★★★★☆ 4 von 5 Sterne, hier kaufen als BucheBook oder Hörbuch

E I N Z I G A R T I G   &   V E R S T Ö R E N D


Yeong-Hye und ihr Ehemann sind ganz gewöhnliche Leute. Er geht beflissen seinem Bürojob nach und hegt keinerlei Ambitionen. Sie ist eine zwar leidenschaftslose, aber pflichtbewusste Hausfrau. Die angenehme Eintönigkeit ihrer Ehe wird jäh gefährdet, als Yeong-Hye beschließt, sich fortan ausschließlich vegetarisch zu ernähren und alle tierischen Produkte aus dem Haushalt entfernt. »Ich hatte einen Traum«, so ihre einzige Erklärung. Ein kleiner Akt der Unabhängigkeit, aber ein fataler, denn in einem Land wie Südkorea, in dem strenge soziale Normen herrschen, gilt der Vegetarismus als subversiv. Doch damit nicht genug. Bald nimmt Yeong-Hyes passive Rebellion immer groteskere Ausmaße an. Sie, die niemals gerne einen BH getragen hat, fängt an, sich in der Öffentlichkeit zu entblößen und von einem Leben als Pflanze zu träumen. Bis sich ihre gesamte Familie gegen sie wendet.




Ich entschied mich sehr spontan für dieses Buch. Nach der Beendung, brauchte ich einige Zeit um meine Gedanken zu ordnen, das ganze irgendwie verdauen zu können. Die Vegetarierin ist eine Kunst, eine Kunst die gelichzeitig berührt und verstört.
Die Handlung des Romans bietet etwas Unerwartetes, Überraschendes und vor allem etwas Neues. Uns werden die gesellschaftlichen Umstände Koreas vorgestellt, eine Gesellschaft die sehr modern sein kann und trotzdem konservativ zu sein scheint. Oft zu extrem, mit den zahlreichen Szenen die kaum zu ertragen sind und die bei dem einen oder andere Leser sicherlich alle Grenzen überschreiten werden, entsteht beim Lesen eine eher überwiegend unangenehme Stimmung. Beim Lesen ist man zum großen Teil angeekelt, zum Teil aber auch fasziniert und obwohl nicht alles gut nachvollziehbar dargestellt wird, kann man schwer das Buch aus der Hand legen. In bestimmten Szenen tendiert das Buch stark in eine Porno Roman abzudriften, was nicht immer der Geschmack der Leser betrifft, aber hier irgendwie dazu zu gehören scheint.



Den Kluft den Han Kang in dem Buch schafft, zwischen den vernünftige Denkweise der Angehörige und der immer verrückter werdenden Obsession unsere Protagonistin, führt schließlich zu einem grotesken Fiasko das jeder überrascht. Die Art und Weise, wie die Autorin es schafft, das Buch aus seltsame kafkaeske Szenen zusammenzusetzen ist einfach nur bemerkenswert. Jedoch ist der Roman Die Vegetarierin nicht nur auf die emanzipatorische Weise angelegt. Hier handelt sich hauptsächlich um eine Frau, deren mentaler Zustand sich mit jeden Tag das vergeht verschlechtert ohne dass die Umstehenden wissen warum. Als Leser kann man der Grund Yeong-Hyes Zustands nur vermuten. Yeong-Hye ist durch die gesellschaftlichen Umstände gezwungen in viele Rollenbilder reinzuschlüpfen und Erwartungen zu erfüllen, ohne die Möglichkeit zu haben sich individuell zu entfalten. Daraus sie keinen Fluchtweg sehen konnte oder aus denen der Flucht nicht ohne Schmerzen und Konsequenzen erfolgt wäre. Mit welcher Gewalt sich dieses Unglück sich hier an die Oberfläche gedrängt hat und welche Konsequenzen diesen Ausreißer mit sich gebracht hat, ist in Buch absolut schockierend dargestellt. Nicht nur während des Lesen, sondern auch lange hinterher, verfolg den Leser eine sehr bedrückende Stimmung. Auch nach Monaten nachdem dieses Buch gelesen wurde, lässt einen nicht los und die Geschichte drängt sich immer wieder in den Gedanken des Lesers.

*Vielen Dank an den Argon Hörbuch Verlag für die Bereitstellung eines Hörexemplars!

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