Von dieser Welt von James Baldwin

Samstag, 4. August 2018


Original: "Go Tell It on the Mountain" / 1953, dtv Verlag*, 320 Seiten, gebunden, Übersetzer/-in: Miriam Mandelkow, ★★★★★ 5 von 5 Sterne, Lesekreis-Material zum Buch, hier kaufen als BucheBook oder Hörbuch

John Grimes ist ein schwarzer, empfindsamer Junge aus Harlem, sexuell unschlüssig, seine einzige Waffe zur Selbstverteidigung ist sein Verstand. Aber was nützt es, von den weißen Lehrern gefördert zu werden, wenn der eigene Vater einem tagtäglich predigt, man sei hässlich und wertlos, solange man sich nicht von der Kirche retten lässt. John sehnt sich danach, selbst über sein Schicksal zu entscheiden, nicht sein Vater, den er trotz allem liebt, nicht ein Gott, den er trotz allem sucht. Als am Tag von Johns vierzehntem Geburtstag sein Bruder Roy von Messerstichen schwer verletzt nach Hause kommt, wagt John einen mutigen Schritt, der nicht nur sein eigenes Leben verändern wird.

A B S T O ß E N D   U N D   A N Z I E H E N D   Z U G L E I C H


Von einer außergewöhnlichen Intensivität, die fast einen beim Lesen abstößt, aber auch gleichzeitig in seinen Bann zieht und unbeschreiblich neugierig macht, erzählt dieser Roman die Geschichte einer schwarzamerikanischen Familie. Wir befinden uns hier in den dreißiger Jahren des vergangenen Jahrhunderts, in die USA, ein Land, das von Rassendiskriminierung, gesellschaftliche Unterdrückung und Gewalt geprägt ist.
 
Von dieser Welt ist keine leichte Lektüre für Zwischendurch. Dieses Buch verlangt einiges von den Lesern ab. In einer eindrucksvollen, hinreißenden Sprache, reich an Bildern und Gefühlen, erzählt Baldwin die Lebensgeschichten des Stiefvaters, der Mutter, der Tante als auch seine eigene, als Hauptdarsteller John Grimes. Beim Lesen taucht der Leser völlig in die Geschichte der einzelnen Protagonisten ein, man Spürt die Welt in die Baldwin den Leser mithilfe der Wörter entführt, man spürt wie es dem Autor in dieser Zeit erging - seine Traurigkeit und seine Wut, Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit.


Ich möchte an dieser Stelle noch mal auf die intensiven Gefühle, mit denen uns der Autor konfrontiert, aber auch auf die Geschichte des Stiefvaters verweisen. Die tiefe Sympathie und das Mitgefühl, das ich für den Hauptdarsteller John Grimes von Anfang an hatte, stehen im auffälligen Gegensatz zur Missachtung des sadistischen Stiefvaters. Für mich war der Teil in dem die Lebensgeschichte des Stiefvaters erzählt wurde, einer der schwierigsten - hier war ich auch kurz davor das Buch abzubrechen – da mich der Charakter des Stiefvaters samt seiner Geschichte sehr abgestoßen hat. Man kann es kaum glauben, was für eine fragwürdige und unmenschliche Einstellung der Stiefvater, der darüber hinaus auch noch Prediger ist, hat!

Das zweite große Thema des Romans von James Baldwin ist die Religion. Die Verzweiflung und die Hoffnungslosigkeit der Afroamerikanischen Gemeinde in dieser Zeit, treibt sie in die Arme der Kirche wo sie die Kraft zum Kämpfen und Überleben im tiefen Glauben finden. Auf folgende Weise nehmen die Kirche und der Glauben – im alltäglichen Frust und der Hoffnungslosigkeit der afroamerikanischen Bevölkerung - eine immer wichtigere Rolle ein.


*Vielen herzlichen Dank an den dtv Verlag für die Bereitstellung eines Leseexemplars!

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