Rotlicht von Nora Bossong

Montag, 28. August 2017


Original: "-" / 2017, Hanser Verlag*, 240 Seiten, Übersetzer/-in:-, broschiert, ★★★★★ 5 von 5 Sterne, hier kaufen als Buch oder eBook

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Wo sich Geld und Lust begegnen – Nora Bossong erforscht das Geschäft mit der Liebe.

Alles begann mit dem altmodischen Plüsch eines Sexshops. Als Kind traute sich Nora Bossong nur, ihn aus den Augenwinkeln zu betrachten. Als junge Frau aber wagt sie sich in jene Geheimzone, in der Lust nackte Arbeit ist und unsere Sexualität und der Kapitalismus frontal aufeinanderprallen. Sie trifft harmlose Studenten bei Dildo-Präsentationen und altersweise Pornoproduzenten. Sie steht in schäbigen Sexkinos und am Salat-Buffet eines Swingerclubs. Mit funkelnder Beobachtungsgabe erzählt Nora Bossong von einer Gesellschaft, die das Verruchte immer abwaschbarer gestaltet. Und sie stellt die Frage, warum das Rotlichtmilieu die echte Wollust nur an den Mann bringen will – und niemals an die Frau.



Mit einer sehr interessanten Recherche und einer gelungenen Erzählungkunst, führt Nora Bossong den Leser in die Tiefen des Rotlicht Milleus, sowie auch in die der eigenen Gedanken. Als sensible und etablierte Autorin traut sich Nora Bossong, angespornt von ihrer Neugierde, in einen gesellschaftlichen Bereich, der trotz Legalisierung sich noch von archaischen Ordnungen und Regeln leiten lässt. Diese Reportage entwickelt sich zunehmend mit jeder gelesenen Seite zu einer klugen Reflexion über Macht, Abhängigkeit, Freiheit und Geld.
Die Autorin beschreibt die heutige Prostitution ausführlich, anschaulich und differenziert. Sie fasst in zehn Reportagen die Welt des Sex zusammen, über die Erotikmesse, den Tabledance, über Swingerclubs und Sexshops bis in die Sauna im Bordell. Nora Bossong hat in alle möglichen Bereiche hineingeschaut und beschäftigt sich mit dem Geschehnissen vor Ort. Aber mehr noch mit dem, was sie selbst und ihre Begleiter fühlen. Dabei schont sie sich selbst nicht, aber auch nicht ihre Leser, was sich als äußerst interessant und tiefsinnig festellen lässt .


In einem hervorragenden Schreibstil berichtet die Autorin fast schon in Romanform, doch ihre Stories sind nicht erdichtet oder erfunden, sondern brandaktuell. Stellenweise sehr essayistisch, mutig, einfühlsam, respektvoll und vor allem fesselnd geschrieben, stellt die Autorin den Leser vor eine sozialkritische Expedition. Ihr äußert beachtliches Schreibvermögen, die Gesprächen mit den Prostituierten auf Augenhöhe und der sensible Hinblick auf die Szene des Rotlichts, macht aus der Reportage nicht nur einen aufklärerischen Anstoß, sondern ein außergewöhnliches Schreibprojekt, dem man mit hohen Interesse folgt. Nora Bossong beweist in ihrem Buch nicht nur einen bemerkenswerten gesellschaftspolitischen Anspruch an die Literatur sondern auch das hohe Niveau ihres Schreibens. Man folgt der feinsinnigen Autorin, den Logos und dem Wort, gespannt und gerne in die Welt des Triebes und der Macht.

* Vielen Dank an den Hanser Verlag für die Bereitstellung eines Leseexemplars!

2 Kommentare

  1. Das hört sich nach einem tollen Buch an. Das Cover passt auch total.

    P.S. Du erhäkst meine Rezi spätestens morgen! Aus familiären Gründen musste ich das aufschieben!
    Neri, Leselaunen

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  2. Hallo :-)
    Du hast wirklich einen ganz bezaubernden Blog! Ich habe mich auch direkt mal als Leserin eingetragen.
    Vielleicht interessierst du dich ja auch fürs Zeichnen, Illustrieren und philosophieren? Dann würde ich mich total freuen, wenn du mal bei mir vorbeischaust - ich bin auch noch ein ganz frisch geschlüpfter Blogger. ;-)

    Liebste Grüße, Chiara <3

    https://mia-louu.blogspot.de/

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