Die Farbe von Milch von Nell Leyshon

Freitag, 29. Juni 2018


Original: "The colour of milk" / 2013, EISELEVerlag*, 208 Seiten, gebunden, Übersetzer/-in: Wibke Kuhn, ★★★ 4 von 5 Sterne

Mein Name ist Mary. Mein Haar hat die Farbe von Milch. Und dies ist meine Geschichte. „Eine einzigartige Erzählstimme, die unvergessliche Bilder in den Kopf des Lesers malt.“ The Independent„Ein eindringliches Kammerspiel über Klassenunterschiede, Armut und das harte Leben einer standeslosen Frau in einer patriarchalischen Welt.
Mary ist harte Arbeit gewöhnt. Sie kennt es nicht anders, denn ihr Leben auf dem Bauernhof der Eltern verläuft karg und entbehrungsreich. Doch dann ändert sich alles. Als sie fünfzehn wird, zieht Mary in den Haushalt des örtlichen Dorfpfarrers, um dessen Ehefrau zu pflegen und ihr Gesellschaft zu leisten – einer zarten, mitfühlenden Kranken. Bei ihr erfährt sie erstmals Wohlwollen und Anteilnahme. Mary eröffnet sich eine neue Welt. In ihrer einfachen, unverblümten Sprache erzählt sie, wie ihr Schicksal eine dramatische Wendung nimmt, als die Pfarrersfrau stirbt und sie plötzlich mit dem Hausherrn alleine zurückbleibt.

E I N D R I N G L I C H   E I N F A C H


Die Farbe von Milch stand schon seit einiger Zeit auf meiner Wunschliste. Die unterschiedlichen Lesestimmungen haben mich erst ein bisschen verunsichert ob das Buch etwas für mich ist. Es handelt sich hier um einen historischen Roman, was eigentlich nicht wirklich mein Genre ist, aber die Kurzbeschreibung und das Cover haben mich einfach wahnsinnig angesprochen und neugierig gemacht.

Der Roman ist aus der Sich unserer Protagonistin, Mary geschrieben - ein junges Bauernmädchen aus dem Jahre 1832, das bis vor kurzem weder Lesen noch Schreiben konnte. Entsprechend einfach und teilweise holprig - mit den dazugehörigen Zeichensetzungsfehlern - ist hier auch die Sprache.
Da die Handlung bis auf einen Twist am Ende des Buches recht vorhersehbar ist, empfand ich dieses Stilmittel, welches hier die Autorin mit Hilfe der eindringlichen Sprache Marys verwendete, als gelungen, da es die Geschichte dieses authentische Etwas verleiht, dass eine einfache Handlung, wie wir sie in diesem Fall haben, ausgleicht. 

Die kluge Mary stellt einen echten, mutigen und selbstsicheren Charakter dar, welche dem Leser dank ihrer durchweg geradeaus, ehrlichen Art und der Wissbegierde schnell als sehr sympathisch rüberkommt. Auch die weiteren Charaktere sind allesamt authentisch und gut gezeichnet, so dass der Leser schnell eine Vorstellung von ihnen hat. 

Der Stil passt sich dem Charakter des einfachen Bauernmädchens an und trotz der ungewöhnlichen Sprache, oder vielleicht genau dadurch, wirkte die Handlung an einigen Stellen gestellt und künstlich. Man muss schon tiefer lesen, um den drunterliegenden Kitsch in der Handlung und den Figuren zu erkennen. Trotz allem behandelt das Buch keineswegs antiquierten Themen, sondern genau das Gegenteil ist hier der Fall. Sexueller Missbrauch, häusliche Gewalt und die Stellung der Frau in der Gesellschaft sich heute noch aktuelle und heiß diskutierte Themen. 

Um den Leser vollkommen zu verwirren, schreibt Neil Leyshon ein komplett verblüffendes Ende. Nach dem der erste Überraschungseffekt verstrichen ist, wirkt das Ende aber einfach nur gewollt und kommt einem von irgendwo bekannt vor. Auf mich wirkte das Ende so als wenn die Autorin keine Ahnung hatte wie sie die Geschichte weiter führen kann und sich schnell aus der Affaire ziehen wollte. Deshalb konnte mich auch das Ende nicht so überzeugen wie ich es mir gewünscht hätte. 

Nell Leyshon hat mit Die Farbe von Milch ein recht unaufgeregtes, aber trotzdem authentisches Buch geschaffen, mit einem ungewöhnlichen Erzählstil, der auch noch lange nach der letzten Seite nachklingt. 

*Vielen herzlichen Dank an NetGalley und den EISELE Verlag für die Bereitstellung eines Leseexemplars!

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